So unbekannt hierzulande der rote Lapachotee noch ist, so populär ist er schon seit langem in Brasilien, wo er als beliebtes pflanzliches Heilmittel gegen eine große Palette von Krankhei­ten eingesetzt wird. So ist den Südamerikanern ihr Lapachotee mindestens so wertvoll wie den Europäern das Johanniskraut oder die Kamille.

Glücklicherweise werden immer mehr pflanzliche Medikamente entdeckt, die aus weit entfernten Erdteilen kommen – so z.B. auch das Teebaumöl der Australier. Ebenso wie exotische Gewürze, beispielsweise Ingwer oder Vanille, unsere Speisen abwechslungsreicher gestalten, steht auch die Heilkraft von Pflanzen, die in anderen Erdteilen schon in ferner Vergangen­heit entdeckt und erfolgreich eingesetzt wurden, für unsere Gesundheit zur Verfügung.

Ein Ausflug in die Botanik

Lapachotee wird aus der Rinde des Lapachobaums (Tabebuia avellanedae) gewonnen. Tabebuia avellanedae gehört zur Pflanzenfamilie der Bignoniaceen, zu der rund 800 Arten aus über 125 Gattungen gerechnet werden. Tabebuia avellanedae ist ein Baum, der in den tropischen Regenwäldern zwischen Argenti­nien und Mexiko beheimatet ist. Etwas seltener findet man die Pflanze auch in trockenen tropischen Wäldern. Der Baum wächst bevorzugt auf kalk- und eisenreichen Böden, er kann über 20 Meter hoch werden und einen Durchmesser von mehr als 70 Zentimeter erreichen. Die in den Höhenlagen der Anden vorkommenden Bäume werden mitunter bis zu 700 Jahre alt.

Die äußere Rinde des südamerikanischen Baums ist relativ glatt und von gräulicher Farbe. Die für den Tee verwendete innere Rinde ist hingegen rotbraun. Das Holz des Lapachobaums ist äußerst hart, und seine Fasern enthalten den Wirkstoff Lapachol in Form gelblicher Kristalle. Während die in Kolumbien, Westargentinien und Zentralamerika vorkommenden Bäume Blätter aus fünf vollständigen ovalen bis elliptischen Fieder­blättchen besitzen, tragen die in Ostargentinien wachsenden Pflanzen meist siebenteilige Blätter mit leicht gezahnten Fie­derblättchen.

Die bis zu siebeneinhalb Zentimeter langen Lapachoblüten sind fünfblättrig und stehen in einfachen trugdoldigen Blütenständen. Die trichterförmige Krone hat eine rosarote bis tiefrote Farbe. Der rot bis violett blühende Lapachobaum blüht zu Beginn der trockenen Jahreszeit, also von Dezember bis Februar.

Naturmedizin der Ureinwohner

In allen Völkern gab es schon vor Jahrtausenden heilkundige Menschen, die aufgrund einer besonders ausgeprägten Be­obachtungsgabe und Intuition das geheime Wissen um die Heil­kräfte der Natur besaßen. Schon lange bevor es Reagenzgläser, komplizierte Versuchsaufbauten oder gar leistungsfähige Com­puter zur Auswertung wissenschaftlicher Daten gab, machten sich Naturheilkundige auf die Suche nach heilenden Pflanzen.

Die ersten »Naturforscher« und Begründer der Volksmedizin waren bei uns weise Frauen, Kräu­terhexen, Magier und später Klosterschwestern. In Südamerika – der Heimat des Lapachotees -waren es die indianischen Medizinmänner und Schamanen, die bei gesundheitlichen Problemen um Rat gefragt wurden.

Genaue Beobachtung und Intuition

In der heutigen Zeit, in der wissenschaftliche Beweise eine so große Rolle spielen, wird leicht vergessen, dass es auch in frü­heren Zeiten durchaus Möglichkeiten gab, die Wirkungen von pflanzlichen Substanzen zu prüfen, und zwar durch genaues Beobachten, intuitives Erfassen und Erfahrung, zahlreiche, teils riskante Experimente am eigenen Leib wie auch die ausgeprägte Naturverbundenheit haben es Medizin­männern und Schamanen möglich gemacht, die Wirkungen pflanzlicher Heilmittel wie des Lapachotees herauszufinden und zu nutzen. Die jahrhundertealten Erfahrungen und Erkenntnisse bezüglich dieser Wirkungen sind für den leidenden Menschen natürlich von großem Wert. Dies gilt auch für den Fall, dass die wissenschaftliche Erklärung der Wirkungen eines Naturheilmittels durch die Methoden der medizinischen For­schung teilweise noch nicht geliefert werden kann.

Die eigene Erfahrung entscheidet

Auch wenn es bereits spannende abgesicherte Aussagen über Inhaltsstoffe und Wirkungsweisen des Lapachotees gibt, heißt das noch nicht, dass es zum jetzigen Zeitpunkt bereits möglich wäre, sämtliche Wirkungen, die die Inkas über Jahrhunderte bei der Einnahme des Tees direkt beobachten konnten, im Labor nachzuweisen. Die beste Möglichkeit, die Heilwirkungen des Lapachotees zu erfahren, besteht demnach darin, ihn auszu­probieren. Ein Blick auf die Erfahrungen anderer Menschen damit kann dabei hilfreich sein.

Heiltrank der Inkas

Man weiß heute, dass der wässrige Auszug aus der Rinde von Tabebuia avellanedae bei den Inkas schon vor vielen Jahrhun­derten als Heilmittel eingesetzt wurde. Die Nachkommen der Inkas – Indianer aus Peru, Bolivien und die Guarini-Indianer aus Paraguay, vor allem aber auch der Stamm der Callaway -setzen die Droge seit jeher mit großen Erfolgen zur Behand­lung von Hauterkrankungen, Atembeschwerden, Krebserkran­kungen und vielen anderen gesundheitlichen Störungen ein. Bislang gilt Lapacho hierzulande noch als Geheimtipp. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Welt von einem indiani­schen Heilmittel profitieren kann. Sicherlich kennen Sie die abwehrstärkenden Wirkungen von Echinazin (Echinacea pur-purea) – dem Wirkstoff aus der beliebten Gartenblume »Roter Sonnenhut«. Aber wussten Sie auch, dass diese Pflanze ur­sprünglich bei den Sioux-Indianern Nordamerikas eingesetzt wurde – und das schon vor mehr als 300 Jahren?

Baum des Lebens

Die Indianer Südamerikas, insbesondere die Guarini und die Tupi-Nambi-Indianer, benutzten die innere Rinde des Lapachobaums äußerlich zur Wundheilung. Dazu wurden die Rin­denstücke sorgfältig abgeschabt, befeuchtet und direkt auf die betroffenen Hautpartien aufgelegt. Doch auch die innerliche Anwendung mit dem Absud aus den Rinden hat bei den Medi­zinmännern Südamerikas eine lange Tradition – nicht umsonst wurde der Lapachobaum bereits von den Urvölkern als Baum des Lebens bezeichnet.

Mit breitem Wirkungsspektrum

Obwohl viele Heilpflanzen aus dem Regenwald erstaunliche Wirkungen zeigen, gibt es doch kaum eine andere Pflanze, die ein so breit gefächertes Wirkungsspektrum aufweisen kann wie Lapacho. Daher verwundert es auch nicht, dass den Bäumen, die durch ihre roten Blüten im dichten Grünwuchs des Dschun­gels auch optisch schon auffielen, seit jeher geradezu mystische Kräfte zugesprochen wurden. Noch immer nennen die Regen­waldindianer den Lapachobaum auch Baum der Götter.

Nicht mehr nur Volksmedizin

Die traditionelle Überlieferung auf der einen und aktuelle For­schungsergebnisse auf der anderen Seite haben dazu geführt, dass Lapachotee nicht nur bei den Nachkommen der Inkas, son­dern auch bei brasilianischen, argentinischen und inzwischen auch bei US-amerikanischen Ärzten und Heilpraktikern zur Entgiftung des Darms, zur unterstützenden Krebsbehandlung sowie bei rheumatischen Erkrankungen, Bronchitis, Pilzerkran­kungen, Allergien, Asthma und Hautproblemen mit großem Erfolg eingesetzt wird.

Der Regenwald birgt noch viel Schätze

Das zunehmende Interesse der Wissenschaft an der traditionel­len Urwaldmedizin dürfte noch viele weitere spannende Entde­ckungen nach sich ziehen. Ungeachtet der aktuellen Diskussion um die positiven gesundheitlichen Wirkungen neu entdeckter Heilpflanzen aus dem Regenwald, gab es auch schon früher interessante Entdeckungen, über die heute jedoch niemand mehr spricht. 1820 wurde z. B. das Chinin aus der Rinde des südame­rikanischen Chinarindenbaums isoliert. Vor der Entwicklung synthetischer Medikamente galt Chinin als einzig wirksames Mittel gegen Malaria und trug dazu dabei, unzählige Men­schenleben vor der weit verbreiteten Tropenkrankheit zu retten.

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